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Hospizbewegung-Hilden :: Nachrichten
Hospiz-Nachrichten Nr. 8 (2007)

Verlieren


Alles ist noch da, nur der Mensch nicht den wir lieben

Auch wenn der Tod sich angekündigt hat – vielleicht über Wochen, Monate, Jahre – auch wenn wir wissen: Es musste geschehen. Es ist besser so. Aber noch viel mehr, wenn er uns unvorbereitet trifft, wenn einer, der eben noch gelacht hat, den Mund verschließt: Immer trifft uns der Tod tief.



Es geschieht etwas mit einem Menschen, der uns nahe ist. Wir erreichen ihn nicht mehr. Vielleicht haben wir alles im Leben geteilt: Die kleinen und großen Freuden der Kindheit. Die Schmerzen und Begeisterung der Jugend. Vielleicht waren wir einander so nahe wie uns selbst, sind viele tausend Schritte miteinander gegangen. Vielleicht war das letzte Stück Weg sehr schwer, sehr hart, voller schlafloser Nächte und immer am Rande der Erschöpfung. Vielleicht sind wir aber auch gerade noch fröhlich miteinander gewesen, haben von früher erzählt, alte Lieder gesungen.

Wie auch immer: Jetzt geht dieser Mensch fort. Auch wenn er noch vor mir liegt: Er braucht mich nicht mehr. Auch wenn ich ihm eben noch über die Stirn strich, seine Hand hielt, ihm sein Bett richtete – jetzt ist er unerreichbar. Nie sind wir hilfloser als vor dem Tod. Wir können uns umdrehen und weglaufen, den Fernseher anstellen, uns in Trubel und Menschenmassen stürzen, vertraute Menschen suchen und uns an sie klammern. Alles das kann uns nicht helfen. Denn es ist etwas geschehen, was unser Leben ganz und grundsätzlich verändert. Wie der Tote allein von uns ging, müssen wir allein weiterleben.

So groß der Schmerz auch ist, wir entkommen ihm nicht. Da wachen wir auf – und die Wohnung, das Haus, das Zimmer ist leer. Da steht noch der Sessel. Da ist der Schrank voll mit Kleidern. Da liegt das Buch. Seine Bibel mit den vielen Lesezeichen. Alles ist noch da. Nur der Mensch nicht, den wir liebten. Wir sehen ihn in der Tür stehen. Wir hören ein Geräusch, als drehte er den Schlüssel im Schloss. Wir drehen uns um. Er ist nicht mehr da. Und wo ist er? Wir wissen es nicht. Nur einer, der weiß, was jenseits der Grenze auf uns wartet, kann es uns sagen. Wir kennen diesen Einen.

Jetzt brauchen wir den Einen an unserer Seite, gerade jetzt. Er gibt uns den geliebten Menschen nicht zurück, aber er zeigt uns, was den erwartet, den wir verloren haben.

Waltraud Mohring
(aus „Du kamst, du gingst“ – von Ursula Koch)
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